Predigt zu Johannes 7, 37-39 am Sonntag Exaudi von Prädikantin Kerstin Seller

Sun, 16 May 2021 18:57:48 +0000 von Uwe Schrader

Gott schenke uns ein Wort für unser Herz und ein Herz für sein Wort. Amen.
 
Wasser – Quelle des Lebens. Ohne Wasser gäbe es kein Leben. Kein Fisch, keine Pflanze, kein Tier, kein Mensch könnte existieren. Wir Menschen können zwar bis zu vierzig Tage ohne feste Nahrung leben, aber nur acht Tage ohne Flüssigkeit. Wir selbst bestehen  ja zum überwiegenden Teil aus Wasser.

Und bevor Gott den Menschen schuf, schuf er  das Wasser. Es bedeutet Wachstum und Fruchtbarkeit. Es ist die Quelle allen Lebens. Bleibt das Wasser aus, trocknet auch die Erde aus. Dann kann nichts mehr wachsen und gedeihen – keine Pflanzen, kein Gras, kein Korn, kein Weideland für die Tiere. Alles verdorrt. Und so baten die Menschen seit jeher Gott um diese Lebensquelle. Sie dankten ihm, wenn er sie mit Wasser reichlich segnete und feierten ein Fest, um Gott zu loben und ihm zu danken. 

Unser heutiger Predigttext nimmt uns mit auf solch ein Fest: Das Laubhüttenfest, Sukkot genannt.
Es wird bis heute in vielen jüdischen Häusern gefeiert. In der Zeit Jesu wurde es am Tempel in Jerusalem begangen. Das Volk Israel feiert es zur Erinnerung daran, dass Gott sein Volk nach dem Auszug aus Ägypten durch die Wüste führte. 

In dieser harten Zeit gab Gott seinem Volk alles, was es zum Leben brauchte. Und das, was in der Wüste am dringendsten gebraucht wurde, war und ist das Wasser. Damals schlug Mose auf Gottes Weisung hin an einen Felsen und Gott ließ Wasser aus dem Felsen sprudeln. Eine Quelle lebendigen Wasser hatte Gott für sein Volk aufgetan und so in der Wüste Leben ermöglicht, wo sonst menschliches Leben kaum möglich war. Eine ganze Woche lang feierte das Volk Israel diese Erinnerung. 

Ein besonderer Höhepunkt der Feierlichkeiten war die Wasserschöpfzeremonie. Ein Hohepriester schöpfte dafür aus einer Quelle in Jerusalem frisches, sprudelndes Wasser. Nach einer feierlichen Prozession versprengte er es über dem Altar im Tempel.  So wurde dankbar erinnert an die Wüstenwanderung und das Wasser, das Gott aus dem Fels sprudeln ließ. Ein Symbol für die erhaltende Kraft der Liebe Gottes. Und es wurde um Wasser für die kommende Ernte gebetet.

An solch einem Laubhüttenfest ergriff Jesus  das Wort und hielt eine Rede. Seine Worte sind festgehalten im Johannesevangelium im 7. Kapitel:

"Aber am letzten, dem höchsten Tag des Festes trat Jesus auf und rief: Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke!  er an mich glaubt, von dessen Leib werden, wie die Schrift sagt, Ströme lebendigen Wassers fließen. 
Das sagte er aber von dem Geist, den die empfangen sollten, die an ihn glaubten; denn der Geist war noch nicht da; denn Jesus war noch nicht verherrlicht."
 
Jesus gebraucht das Bild des Wassers, um zu verdeutlichen, was Leben und was Glaube bedeutet.
Wasser stillt unseren körperlichen Durst. Doch der Mensch lebt nicht von Brot allein, das wissen wir alle. Und genau darauf will Jesus aufmerksam machen. Wir sind nicht nur irdische, sondern auch geistige Wesen. Verbunden mit unserem Schöpfer, an den wir glauben. Diesen Glauben möchte Jesus in uns stärken wenn er sagt:

„Wer an mich glaubt, von dessen Leibe werden, wie die Schrift sagt, Ströme lebendigen Wassers fließen.“

„Lebendiges Wasser“, da habe ich sofort dieses Bild hier vor Augen, das ich mir im Rahmen der Seelsorge-Ausbildung ausgesucht habe. Anhand dieses Bildes sollte ich beschreiben, was Seelsorge für mich bedeutet. Mein Blick fiel gleich auf diese sprudelnde Quelle. 

Seelsorge ist für mich, den Menschen mit seiner inneren Quelle wieder in Berührung zu bringen. 
Dass er einen Zugang findet zu seiner inneren Kraft, zu seinen Gefühlen, zu seinen Gaben und Fähigkeiten.

Wie oft sind diese verschüttet. Durch Überlastung, Schmerz, leidvolle Erfahrungen, Verletzungen und vieles mehr. Das sind die Steine. Sie behindern den freien Fluss des Wassers, denn nur wo es fließt, ist Leben. Pure Lebendigkeit, pure Lebenskraft.

Jesus heilte die Menschen von ihren seelischen  Verletzungen. Er, der größte Seelsorger überhaupt.
Er ist gekommen, damit wir den Weg zur Quelle zurückfinden. Den Weg zu Gott, der die Quelle allen Seins ist. Denn Wasser ist mehr als Lebenskraft. Es steht genauso für die geistige Kraft und ist somit auch Symbol für den Glauben. Schließlich taufen wir mit Wasser. Es ist das Lebenswasser der Seele.

Liebe Gemeinde,
diese wunderbaren Verse aus dem Johannesevangelium lassen uns heute nach innen schauen. Jeder kann sich fragen: Habe ich genügend Wasser für meine Seele? Habe ich wirklich genügend von dem, was meine Seele lebendig hält, ihr Kraft gibt und Mut? 

Woraus schöpfe ich Zuversicht, Hoffnung, Trost? Woher bekomme ich Anerkennung, Bestätigung, Angenommen sein? Nach all dem dürstet meine Seele. Das alles braucht sie für ihre Lebendigkeit. Sonst vertrocknet sie, verliert ihre Energie und Spannkraft. 

Nur leider ist es oft so, dass wir nicht immer das voneinander bekommen, was unseren Lebensdurst stillt. Es gibt eben auch die Steine in unserem Leben, die unsere Herzen manchmal hart werden lassen.
Und so ist es gut, dass Jesus heute durch Johannes zu uns spricht. Hören wir diesen Vers noch einmal, er klingt so schön:

„Wer an mich glaubt, von dessen Leibe werden, wie die Schrift sagt, Ströme lebendigen Wassers fließen.“

Bei ihm, in ihm und durch ihn finden wir die Lebendigkeit, die Fröhlichkeit. Ein  Leben, in dem Liebe sich verströmt und die Seele überquillt vor Freude und Lebenslust. Und das, weil sie sich von Gottes Liebe gespeist weiß.

Diese Lebenskraft floss im Apostel Paulus. Seine Begeisterung im Brief an die Epheser konnten wir heraushören. Gottes Liebe ist Lebenskraft. Alles überwindende Lebenskraft. Selbst versteinerte Herzen kann er zum Erweichen bringen. Diese heutigen Worte berühren mich sehr, denn sie spiegeln genau das wider, was ich zu Beginn meiner Seelsorge-Ausbildung ausgedrückt habe.

Seelsorge ist, dass wir zurückfinden zur sprudelnden Quelle, die in unserem Inneren wohnt. Wo Gottes Geist uns mit dem speist, was uns wirklich lebendig macht. Wo es fließt, ja, wo es überfließt, reich und unerschöpflich, so dass wir andere damit speisen können.  

Die Kraft Gottes lässt uns neu aufblühen und führt uns zu dem Leben, das sich Jesus Christus schon immer für uns gewünscht hat. Oder wie es folgende Verse vom Autor des Kleinen Prinzen beschreiben:

"Du durchdringst uns als Labsal, dessen Köstlichkeit keiner unserer Sinne auszudrücken fähig ist. Durch dich kehren uns alle Kräfte zurück, die wir schon verloren gaben. Dank deiner Segnung fließen in uns wieder alle bereits versiegten Quellen der Seele." (Antoine de Saint-Exupeéry)
 
Gott stillt unseren Seelendurst nach Geborgenheit. Immer wieder beschenkt er uns mit der Gewissheit, dass wir in seiner Liebe gehalten sind. Und diese reicht weit über unser Leben hinaus.

Amen.
Quelle: Kerstin Seller
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