"Palmsonntag-Meditation" von Diakon Ralf Mehnert

Sun, 28 Mar 2021 14:40:44 +0000 von Uwe Schrader

Liebe Gemeinde hier in der Marienkirche in Ueffeln,

in Hollywood-Filmen kommt es alle Tage vor:  ein Held rettet in allerletzter Sekunde die Welt, kurz bevor alles in die Luft geht!

Im richtigen Leben ist das schwieriger, doch auch dort gibt es sie, politisch und gesellschaftlich einflussreiche Menschen, die versprechen „das Ruder rumzureißen“ und das Land wieder nach 
vorne bringen zu wollen.

Einer von ihnen ist Bill Gates. Einer der reichsten Männer der Welt. Lächelnd schaut er mir von der Titelseite einer Satire-Zeitschrift entgegen, bekleidet mit einem liturgischen Gewand und umgeben mit einem Strahlenkranz. Eine kleine Weltkugel beschützend in seinen Händen.

Mit seinem Geld, so konnte ich in diesem Artikel lesen, möchte der Erfinder von Microsoft alle sieben Milliarden Menschen gegen das Corona-Virus impfen lassen. Ein Weltenretter? Oder einer, der dabei ist, die Weltherrschaft an sich zu reißen?
 
Liebe Gemeinde,
wir leben in einer Welt, die außerordentlich komplex und unübersichtlich ist.  Wir werden vor allem mit negativen Nachrichten überhäuft: Kriege, Unruhen, fürchterliches Elend, neue Bund-Länder Beschlüssen zur Coronakrise. Ein Retter würde jetzt gebraucht: 

Einer, der Sicherheit vermittelt.
Einer, der Ordnung schafft.
Einer, der für Gerechtigkeit sorgt.
Einer, der die Großkonzerne in die Schranken weist.
Einer, der in der Krise den Kopf behält und nicht zwischen harten Lockdown und Öffnung hin und her schwankt.  Ja, so jemanden bräuchten wir.

Kein Wunder, dass Verschwörungstheoretiker mit ihren einfachen Wahrheiten Hochkonjunktur haben.
 
Ist die Welt also überhaupt noch zu retten?

Ja, und obwohl sich viele von uns hilflos fühlen, können wir alle dazu beitragen, dass die Welt ein besserer Ort wird. Es ist der einzelne Mensch, der Verantwortung übernehmen muss und das zum Wohle aller mit denen er zusammenlebt.

Unspektakulär, bescheiden aber anspruchsvoll und im eigenen Umfeld beginnt die Rettung der Welt. Und viel wäre gewonnen, wenn wir zum Unglück der Welt nicht noch durch Gier und Egoismus beitragen würden.

Liebe Gemeinde,
bescheiden und demütig, zieht Jesus feierlich als Heilsbringer in Jerusalem ein, umjubelt von den Pilgermassen.

Sie breiten ihre Gewänder aus, schmücken den Weg mit Palmbüscheln und rufen freudig ihr „Hosianna“ - Hilf, rette doch. Sie begrüßen ihn mit einem riesen Trara.

Doch schon in diesem Augenblick weiß er, dass sich sein Schicksal hier in Jerusalem entscheiden wird,  weil die Menschen von ihm ein politisches Programm erwarten, dass er nicht im Reisegepäck mit sich führt.  Damit enttäuscht er ihre Erwartungen, ihre Sehnsucht nach Erlösung, die Befreiung von der Besatzungsmacht Roms, die in der Luft liegt. 

Er kann und wird sie nicht erfüllen können, weil er, Jesus, alle irdische Macht ablehnt. Damit erteilt er den Zeloten, die eine mit Gewalt verbundene Messias-Erwartung haben, eine klare Absage. 

So schlägt die Stimmung  der Menschen um. Sie fragen:
 Warum reitest du auf diesem lächerlichen Lasttier und nicht auf  einem prächtigen Pferd?
 Warum blicken deine Augen so friedfertig? 
 Willst du so unsere Feinde verjagen?
 Warum hältst du deine Krone verborgen?
 Und wann willst du endlich wie ein echter König auftreten und uns befreien?

 Aus dem brausenden „Hosanna“-Empfang wird der Gegenruf:  „Kreuzige ihn“.
 
Warum?
Weil Jesus den Erwartungen eines mächtigen Königs nicht entspricht.
Weil er die Rolle nicht ausfüllt, die man auf ihn projiziert hat.

Seine Kennzeichen, das macht Jesus klar, sind Gewaltverzicht,  Demut  und Frieden. Damit beginnt nämlich die wahre Rettung der Welt.
 
Liebe Gemeinde,
Jesus wird Demütigung und Folter auf sich nehmen, verraten und verkauft, von den engsten Freunden verlassen, und qualvoll am Kreuz sterben werden, um diese Welt zu retten und damit auch uns.

Uns, die wir Verrat, Machtstreben und Gewalt kennen und immer wieder darin verstrickt werden.
Menschliche Abgründe eben, aus denen wir nicht selbst herauskommen, oder nur schwer. Die wir am liebsten verdrängen. Besonders den tiefsten aller Abgründe, den Tod, der alles so sinnlos macht.

Ist also der Tod Jesu auch sinnlos? 

Nein, denn Gott selbst stirbt seinen Tod und damit auch den unsrigen. Und seit dieser Zeit können wir Menschen unsere Abgründe und unlösbaren Fragen und Spannungen besser aushalten.

Für uns hat Jesus gelebt und gelitten. Für uns ist er gestorben. Und durch seinen Tod bekommt unser Leben Sinn. Halten wir uns daran fest.

Amen.
 
Ihr Diakon Ralf Mehnert 
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